Unsere Geschichte – eine Gemeinschaft in Bewegung!

von Sr. Dorotea

Unsere Gemeinschaft der Hildegardisschwestern wurde 1921 vom Pallottinerpater Adolf Panzer (1884-1925, Bild oben links) gegründet. Der sensible und gottverbundene Philosophieprofessor in Limburg spürte die Anliegen und Nöte jener Zeit und fühlte mit den notleidenden Menschen.

Folgende Gedanken veranlassten ihn, eine Frauengemeinschaft zu gründen:

  • Durch seine häufigen Aushilfen in Pfarreien und seine Offenheit für die Probleme der Men­schen kannte er aus der Nähe die soziale und geistige Not, die nach dem ersten Weltkrieg deutlich zu spüren war. Zu der allgemeinen Armut kam hinzu, dass sich viele Familien nur schwer vom Verlust der Väter oder anderen Familienmitglieder erholen konnten.
  • Er erkannte die damals drängende Forderung nach neuen Formen für zeit- und menschennahe Seelsorge. Zusammen mit vielen anderen sah er auch die Bedeutung, ja die Unentbehrlichkeit des Apostolates der Frau in den Pfarrgemeinden.
  • Pater Adolf Panzer konnte und wollte gegenüber den Anliegen dieser Zeit nicht untätig bleib Er griff die Satzungsvorlage Vinzenz Pallottis auf, für die Gründung eines religiösen Vereins von Frauen, die sich dem Dienst an der Familie widmen sollten. Die Idee dieser Satzungsvorlage hat P. Panzer für seine Zeit und deren Anliegen und Nöte umgestaltet.

Seine geistige Idee war keine andere als die Vinzenz Pallottis: verantwortete Mitarbeit am Reich Gottes. Diese soll Gottes Liebe erfahrbar machen, damit der Glaube vieler Menschen lebendiger wird.

Arbeitsweise und Tätigkeiten

Pater Panzer wollte keine Schwestern auf Lehrstühlen, sondern Frauen, die einfach, praktisch und schlicht den Familien dienen. Die Schwestern sollten alle Kräfte und Fähigkeiten im Geiste des Apostolates der dienenden Liebe, in Zusammenarbeit mit einem Seelsorger, in den Gemeinden entwickeln. Vor allem sollten sie durch Übernahme von Familienpflege und sozialen Aufgaben zur Linderung der vielen seelischen und leiblichen Nöte der Menschen in den Gemeinden beitragen. Durch ihren praktischen Dienst und durch ihre Art zu leben und zu beten, sollten sie in der Welt sichtbar machen, dass es möglich ist, nach dem Evangelium zu leben; unter denselben Lebensumständen, wie sie auch für andere Christen gelten. Die Schwestern arbeiteten in den Pfarreien vorwiegend in der Pfarrseelsorge, Familien- und häuslichen Krankenpflege und als Erzieherinnen.

Gründungsstätte Limburg

Die gut durchdachten Pläne von Pater Panzer für die Gründung der neuen Gemeinschaft und deren Satzungen wurden auch vom Provinzial, P. Lettenbauer in Limburg, bewilligt. Nun konnte mit dem neuen Projekt begonnen werden. Bald zeigte sich, wie Gott die junge Idee begleitete und ihr Wege bereitete. So fügte es sich, dass die ebenfalls neu gegründete „Vereinigung für Familienhilfe“ in Limburg Schwestern suchte, die Haus- und Familienpflege übernehmen sollten. Die Form eines Verbandes mit feierlichen Versprechen sollte einerseits die Gemeinschaft von den herkömmlichen älteren Orden und Kongregationen unterscheiden. Es entsprach andererseits aber auch mehr der Persönlichkeit der einzelnen Schwestern, die sich gerade in ihren Tätigkeiten bewähren und festigen sollten. Diese Form entsprach auch der Idee Pallottis, auf jede mögliche Weise Werke der Nächstenliebe auszuüben und „die größere Ehre Gottes, die Vernichtung der Sünde und die Rettung und Heiligung der Seelen“ zu suchen.

1921 – Gründung

Unter dem Namen „Apostolatsschwestern“ (von vielen wurden sie auch „Pallotti-Schwestern“ genannt) traten am 3. November 1921 die ersten Schwestern ihre Arbeit im Dienste Christi in der o.g. Vereinigung an. Bald waren die Schwestern sehr beliebt und ihre Arbeit geschätzt. Die Mitgründerin Schw. Christine Mehn wurde Leiterin. Die Gemeinschaft wuchs schnell.

In Limburg wohnten die Schwestern zunächst vereinzelt in Miete, bis sie eine geeignete, freistehende Wohnung des Domvikars in Limburg zur Verfügung gestellt bekamen. So konnten sie, soweit dies möglich war, ein Gemeinschaftsleben führen. Doch der Zuwachs des Verbandes drängte nach der Schaffung eines Mutterhauses, auch darum, damit der Nachwuchs sachgerecht geschult und auf die auf ihn wartenden Aufgaben vorbereitet werden konnte. Gott war spürbar mit Pater Panzer und seine Schwestern und führte sie, auch wenn alles etwas anders kam, als sie und die Freunde der Gemeinschaft dachten.

1922 – Berufung ins Bistum Speyer

Ende 1922 wurden die ersten Schwestern nach Ludwigshafen/Rhein berufen, um dort als Pfarreischwestern in der St. Ludwigs- und Dreifaltigkeitspfarrei und im Caritasbüro zu arbeiten. Dadurch bahnte sich die Verbindung zur Diözese Speyer an. Durch Vermittlung des damaligen Caritassekretärs in Ludwigshafen wurde dem Verband ein größeres Anwesen auf dem Bossweiler-Hof in der Nähe von Grünstadt in der Pfalz angeboten, das sich als Mutterhaus eignete und gepachtet werden konnte.

1923 – Mutterhaus Bossweiler Hof

Nach dem im Januar 1923 die rechtlichen Beziehungen der Schwesternschaft mit dem Bischof vom Speyer, Dr. Ludwig Sebastian, geregelt waren, konnte Pater Panzer mit seinen Schwestern die Arbeit in Bossweiler beginnen. Nur ein Teil des Anwesens war bewohnbar. Der Rest des Hauses war noch im Rohbau. Das Haus herzurichten, verlangte von den Schwestern große Opfer und Entbehrungen, da sie damals keinen Verdienst durch ihre Arbeit hatten. Ihren Lebensunterhalt konnten sie nur durch die Arbeit in der eigenen Landwirtschaft verdienen. So wurden alle Novizinnen und junge Schwestern u.a. auch in der Viehzucht und Landwirtschaft eingesetzt.

1925 – Tod von Adolf Panzer

Kaum vier Jahre nach der Gründung der Gemeinschaft rief Gott Pater Panzer zu sich, mitten aus der apostolischen Arbeit. Er starb am 31. März 1925 an den Folgen einer Kopfgrippe. Als ob er ahnte, was auf die Schwestern an schweren Prüfungen zukommen würde, sagte ihnen der Schwerkranke zum Abschied, bevor er ins Krankenhaus kam: „Seid treu und lebt nach meiner Satzung.“ Und: „Meine Schwestern sollen mutig, tapfer und froh sein.“ Tapferkeit, Mut und Treue sollten sie bald brauchen, denn nicht genug der Prüfung für die junge Gemeinschaft durch den zu frühen Tod ihres Gründers, hatten sie bald die Feuerprobe zu bestehen.

1927 – Namensgebung

Ein Jahr nach dem Tod Pater Panzers mussten die Schwestern die Feuerprobe bestehen, als es zwischen dem Charisma der „Apostolatsschwestern“ vom katholischen Apostolat, wie wir damals hießen, und der damaligen Pallottinischen Neugründung in Vallendar zu Konflikten kam. Diese reichten so weit, dass die Schwestern zur Wahl gestellt bekamen, sich einen anderen Namen zu geben oder sich der bestehenden Neugründung anzuschließen.

In dieser Situation wandte sich die Mitgründerin, Sr. Christine Mehn, an den Speyerer Bischof Dr. Ludwig Sebastian. Wiederholte Gespräche „führten am 2. Februar 1927 zu dem freudvollen Ergebnis, dass der (…) Bischof den Verband der Schwestern vom Katholischen Apostolat als Diözesan-Institut aufnahm“. Am 30. März 1927 traf „die Bischöfliche Approbation des Verbandes ein“. Vom Bischof bekamen sie den Namen „St. Hildegardisschwestern vom Katholischen Apostolat“. In diesem Namen wurde plötzlich die gelebte Spiritualität und Mystik zweier Heiliger vereinigt, Hildegard von Bingen und Vinzenz Pallotti.

Die Hl. Hildegard von Bingen wurde ebenfalls mehr und mehr Patronin und Vorbild unserer Gemeinschaft. Denn beide Heiligen sagen Wesentliches über unser Apostolat und unsere Spiritualität aus. Von Gottes Geist und Liebe erfüllt und aus der tiefen Beziehung zu ihm, drängte es sie immer wieder zu den notleidenden Menschen, um ihnen zu helfen in seelischer oder materieller Not. Unser Apostolat und alle unsere Aktivitäten blieben nur äußeres Tun und würden oberflächlich und seelenlos, wenn die Schwestern nicht aus einer tiefen, liebenden Beziehung in Gott verwurzelt wären. Darum sind Gebet und Meditation ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens sowie Exerzitien und alle Übungen, die unsere Beziehung zu Gott vertiefen und fördern. Der Name „Hildegardisschwestern“ passt darum zu unserer Gemeinschaft und zu dem, was P. Panzer und Vinzenz Pallotti wollten.

1930 – Wachstum

Seit 1932 sind wir wieder Mitglied der Vereinigung des katholischen Apostolates (SAC). Mit großer Freude empfingen die Schwestern damals den Glückwunsch des Generalrektors zur Wiedereingliederung in die SAC. Mehrere Pallottiner wie P. Dr. Karl Hoffmann begleiteten unsere Gemeinschaft in dieser Zeit wohlwollend und treu, was ein großer Segen war.

Dass wir ein Diözesan-Institut wurden, hatte für die Gemeinschaft positive Folgen. Der Bischof sorgte fortan dafür, dass der Verband gefördert wurde und die Schwestern nicht mehr ohne geistlichen Beistand blieben. So blieb der Verband auch nach außen hin nicht in der Entwicklung stecken.

Bis 1930 hatte die Gemeinschaft 15 Stationen, allein in der Diözese Speyer, mit jeweils drei bis sechs Schwestern. Nur Ludwigshafen hatte als größte Filiale zwölf Schwestern in der Seelsorgehilfe, Bahnhofsmission und Caritashilfe. Die meisten Stationen aber hatten eine Schwester in der Seelsorge, eine Krankenschwester, eine Erzieherin und eine oder mehrere Schwestern in der Familienpflege beschäftigt. Die kleinen Gruppen von Schwestern lebten immer vor Ort, meist in einem Mietshaus oder einer Mietwohnung. So konnten sie den Menschen nahe sein, sie begleiten in ihren Anliegen und ihnen helfen in ihren Sorgen. Diese Lebensform der Schwestern blieb die uns eigene Lebensweise solange wir Stationen hatten. Nur im Einzelfall bzw. später, als wir wegen Schwesternmangels keine Stationen bilden konnten, lebten Schwestern einzeln für sich.

1956 – Neues Mutterhaus in Hildenbrandseck

Das Anwesen in Bossweiler gehörte den Schwestern nicht, sondern war gepachtet. Dann standen größere Investitionen in den Gebäuden an. Die Schwestern hätten das Anwesen gerne gekauft, weil es ihnen vertraute Heimat geworden war, aber leider war dies nicht möglich. So entschlossen sie sich, wieder einmal nach etwas Geeignetem zu suchen. Wie schon so oft, kam Gott ihrem Suchen und Beten entgegen.

Bald stand die Sommerresidenz des Reichsrats von Buhl in Hildenbrandseck in Neustadt an der Weinstraße relativ günstig zum Verkauf an, so dass die Schwestern sie kaufen konnten. Sie gehörte inzwischen dem Freiherrn von und zu Guttenberg. Wieder mussten die Schwestern bitter sparen und betteln, damit das Haus mit seinen Parkanlagen bezahlt wer­den konnte. Wir Jüngeren können nur bewundern, wie sie es geschafft haben, bei keinem bzw. dem minimalen Verdienst (1966 verdiente z.B. eine Krankenschwester 60,- DM monatlich) so sparsam zu sein. 1956 konnten sie endlich in eine „Baustelle“ umsiedeln. Fast 50 Jahre durften wir dieses kleine Paradies in Hildenbrandseck in Neustadt an der Wein­straße genießen.

1960 – Nachwuchs für die Gemeinschaften

Im Jahre 1960 bildeten die Hildegardisschwestern auf Anraten der Pallottiner eine Föderation mit den Theresienschwestern vom Kath. Apostolat. Beide Gemeinschaften hatten zwei Ziele vor Augen:

1. Nachwuchssicherung

Da es sich zeigte, dass kaum noch junge Frauen aus Deutschland in die Gemeinschaften eintraten, starteten sie gemeinsam ein Projekt, um in Spanien Nachwuchs zu suchen. Die bekannte Form, in Klöster und Gemeinschaften einzutreten, war über die Schulen. So lernten junge Menschen die Schwestern und Mönche kennen und konnten sich für oder gegen ein solches Leben entscheiden. Beide Gemeinschaften holten so junge Mädchen aus Spanien und organisierten deren Erziehung und Ausbildung jede in eigener Weise.

Die Hildegardisschwestern mit dem damaligen Rektor, Prälat Lothar Dell (ein Diözesanpriester), errichteten in Hildenbrandseck eine Schule, wo die jungen Mädchen aus Spanien Deutsch lernen, die Hauptschule mit einem Abschlusszeugnis beenden konnten und darauf Mittlere Reife oder Abitur anschließen konnten. Viele diese jungen Mädchen, meist aus ärmlichen Regionen der Provinz León, die mit den Schwestern gekommen waren, sind früher oder später wieder gegangen. Es war eine schöne Zeit mit viel „Leben“ in der Gemeinschaft. Den Mädchen wurde eine breite, sowohl kulturelle als auch religiöse und menschliche Ausbildung und Erziehung geboten, worauf sie aufbauen konnten. Heute würden wir sagen: Es war eine ganzheitliche, integrale Erziehung. Der Rektor Lothar Dell, eine angestellte spanische Lehrerin und Erzieherin, drei Schwestern und später eine deutsche Lehrerin waren mit dieser Aufgabe betraut. Ihre Fantasie und Mühe waren fast unerschöpflich, um den Mädchen und jungen Schwestern Freude am Lernen zu vermitteln. Sie übten Tänze und Theater aus aller Welt, nähten dafür entsprechende regionale Kleidung, um die Kultur kennenzulernen und machten Ausflüge, die Mädchen arbeiteten stundenweise auch mit der Gartenschwester in den wunderbaren damaligen Gartenanlagen des Klosters, um ein paar Beispiele zu nennen. Wir waren so ganz in uns und miteinander, mit der „Erde“ und mit aller Welt verbunden.

Heute sind noch vier spanische Schwestern da, die Jüngsten der Gemeinschaft. Wir haben alle die längste Zeit unseres Lebens in unserer geliebten Pfalz gelebt und fühlen uns hier zuhause. Für einige von uns ist die Pfalz so zur Heimat geworden, dass wir die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben. Sehr wichtig ist uns dennoch, den Kontakt zu unseren Angehörigen und Freunden in Spanien zu pflegen. Gott sei Dank gibt es heutzutage ja Flatrates, um günstig zu telefonieren, und die sozialen Netzwerke. Auch den Urlaub verbringen wir in der Regel gerne bei unseren Angehörigen.

Wir veranstalten Begegnungen mit unseren ehemaligen Mitschwestern bzw. Kommilitoninnen. Alle zwei Jahre laden wir zu einer acht- bis zehntägigen Begegnung und Besinnung im Mutterhaus ein, die viele gerne wahrnehmen. Gerne wird dann in Erinnerungen und Dankbarkeit an diese Zeit geschwelgt. Die Gemeinschaft ist ihre (geistige) Heimat geblieben.

2. Khristsevikas

Das zweite Ziel der Föderation war und ist die Ausbildung, Förderung und Unterstützung indischer Frauen, die ein Säkularinstitut in ihrer Heimat gründen wollten. Die Hildegardisschwestern erkannten, dass dies der eigentlichen Idee Pater Panzers entsprach: Frauen, die unter den gleichen Umständen leben wie andere Menschen, und so versuchen, nach dem Evangelium zu leben und wie ein Sauerteig durch ihr Leben in die Welt hineinwirken.

So wurden die indischen Frauen bei der religiösen Ausbildung in Rom über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren von den Theresienschwestern betreut und anschließend im Noviziat von den Hildegardisschwestern in Hildenbrandseck in Neustadt a. d. Weinstraße.

Die sich bildende Gemeinschaft wurde tatkräftig von beiden Gemeinschaften finanziell unterstützt. Die Khristsevikas (Christusdienerinnen), wie sie sich nennen, wirkten von Anfang an in ihrer Heimat Indien. Neben guten persönlichen Kontakten besteht heute unsere Verbindung vor allem in der finanziellen Unterstützung ihrer Missionsaufgaben und ihrer Projekte für Kinder und Arme.

Geschwisterlichkeit mit der UNIO

In den 1970er-Jahren wurde unsere Gemeinschaft, die laut Satzung die Form eines Säkularinstitutes angenommen hatte, zu einer Gemeinschaft Apostolischen Lebens. Diese rechtliche Form entspricht auch der Vorstellung unseres Gründers. Sie soll uns die Möglichkeit geben, apostolisch zu wirken, wie die jeweilige Situation es von uns verlangt, ohne an bestimmte Lebensformen, Strukturen oder Kleidung gebunden zu sein.

Als Gemeinschaft sind wir ein Teil der UNIO Vinzenz Pallottis. Er, der Gründer der UNIO, war überzeugt, dass alle persönlichen apostolischen Initiativen wirksamer sind, wenn die Kräfte aller Menschen, die sich engagieren wollen, gebündelt werden. Es sollte ein weltweites Netzwerk aller Menschen entstehen, die sich aktiv für das Heil des Nächsten einbringen möchten. (vgl. Generalstatut der Vereinigung des kath. Apostolates, Rom 2008). Dazu gehören alle Pallottinischen Gemeinschaften, aber auch viele Pallottinische Laien-Gruppierungen und Einzelmitglieder.

Als sehr wohltuend erfahren wir schon seit vielen Jahren die regelmäßigen Gespräche mit Einzelnen, aber auch mit Gruppen der Pallottinischen UNIO. Die Unterstützung und das Entgegenkommen tun uns gut. Auch, dass wir die tatkräftige Hilfe des Provinzials und die Begleitung durch Pallottinische Mitbrüder erfahren, wenn wir sie brauchen. Wir sind dankbar für allen wohlwollenden, geschwisterlichen Austausch verschiedener UNIO-Gemeinschaften, besonders mit den Pallottinern der Herz Jesu Provinz. Dadurch wird der UNIO-Gedanke oft sehr konkret.

2004 – Neues Mutterhaus in Pirmasens

„Wir haben hier keine bleibende Stätte… Unsere Heimat ist eine andere…“

Immer wieder wurde die Gemein­schaft ganz praktisch daran erinnert, in dem sie in der relativ kurzen Zeit ihrer Existenz ihren Wohnort wiederholt wechseln musste.

2004 war es wieder soweit. Da leider kein Nachwuchs mehr nachkam, wurde uns nach und nach dieses wunderbare Paradies einfach zu groß, und das Mutterhaus in Hildenbrandseck überforderte uns in allen Beziehungen, so dass wir etwas Kleineres, unseren Verhältnissen Angemessenes, suchen mussten. Und wir durften es nach langem Suchen auch finden. Gott führte uns zum Ursprung zurück, von der „Oase der Stille“ zu „Mitten in der Welt“.

In Pirmasens, mitten in der Stadt, in einem dicht bewohnten Gebiet mit vielen sozialen Problemen, besitzt die Pfarrei St. Anton ein ehemaliges Schwesternhaus, welches seit zehn Jahren leer stand. Von allen Häusern, die wir damals angeschaut haben, erfüllte dieses unserer Meinung nach die besten Voraussetzungen für unser zukünftiges Mutterhaus. Das Haus hatte eine gute Bausubstanz und einen direkten Zugang zur Pfarrkirche. Das Haus war allerdings sehr heruntergekommen und musste umgebaut und saniert werden. Da die Pfarrgemeinde weder Geld investieren konnte noch sich mit Hausverwaltung belasten wollte, vereinbarten der damalige Pfarrer Alfred Müller mit dem Verwaltungsrat und der Leitung der Schwesterngemeinschaft, dass wir Schwestern mit eigenen Mitteln das Haus für unsere Zwecke entsprechend umbauen sollten. Dafür bekäme die Gemeinschaft das Haus langfristig zur Verfügung gestellt. Die Schwestern verwalten und erhalten das Gebäude, als wenn es das eigene wäre. Danach, wenn wir es nicht mehr brauchen, fällt es an die Gemeinde zurück.

Lebten die Schwestern im Mutterhaus in Hildenbrandseck bis dahin in der Stille und Abgeschiedenheit der Welt, wurden sie nun ins Zentrum einer Gemeinde mit ihrer ganzen Problematik geführt. Plötzlich durften sie wieder mitten in der Welt sein. Da galten nicht allein die eigenen Sorgen, viele Menschen würden den Schwestern begegnen, die möglicherweise noch größere Probleme haben.

Und plötzlich hat das neue Mutterhaus einen ganz anderen Stellenwert. Auch pensionierte ältere Schwestern haben wichtige Aufgaben, soweit sie sie wahrnehmen können und wollen. Sie können nicht nur für die Menschen beten – das taten sie damals auch –, sondern auch mit ihnen. Sie können Menschen zuhören, sie begleiten, sich ehrenamtlich in der Pfarrei einbringen mit ihren Fähigkeiten…

Pater Panzer wollte Schwestern, die nicht nur durch ihren einfachen praktischen Dienst an den Menschen, Not zu lindern versuchen. Dadurch, dass sie aus der Beziehung zu Gott leben, Gebet und Meditation pflegen und in der Art, wie sie miteinander leben und sich und andere annehmen, sollen sie vorleben, dass es möglich ist, miteinander und mit den Menschen Wege des Evangeliums zu gehen. So wurden wir als ganze Gemeinschaft wieder zum Ursprungsgedanken zurückgeführt. Das waren froh- und mutmachende Perspektiven für die in Pirmasens einziehenden Schwestern.

Im Dezember 2004 war das ehemalige Schwesternhaus fertig umgebaut und einzugsbereit. 22 Schwestern konnten hier einziehen und haben gute Zeiten hier erleben dürfen. Drei Schwestern waren damals noch im Außendienst tätig, die inzwischen auch pensioniert sind, eine von ihnen ist leider schon gestorben.

2021 – 100 Jahre!

Am 3. November 2021 begingen wir das 100-jährige Jubiläum unserer Gemeinschaft. Wir konnten es nicht feiern, da es organisatorisch schwierig wurde.

Am 29. April 2022 können wir – leider nur mit einer sehr begrenzten Zahl Gästen, da Corona uns bis dahin noch begleiten wird – dieses Fest feierlich gestalten, so wie es sich gehört. Da wir nur wenige dazu einladen können, möchten wir, dank unseres Kaplans Thomas Otte und unseres Pastoralreferenten Carlo Wingerter mit ihrem Team, den Gottesdienst ausstrahlen, so dass alle, die die Möglichkeit haben, ihn gerne mitfeiern bzw. nachschauen können.

Wir hoffen, dass viele mit uns feiern und Gott danken können für 100 Jahre Bestehen der Gemeinschaft.

Zukunft & Perspektiven

Zurzeit sind wir noch sieben Schwestern, und wieder stehen wir vor der Frage der Zukunftsgestaltung. In eine Mietwohnung umzuziehen, in betreutes Wohnen, Altenheim…? Alles war wieder offen, bis die neue Idee im Raum stand, an der wir noch arbeiten. So Gott will, können wir hierbleiben und das Haus zu einer Wohnpflege-Gemeinschaft umgestalten, in der wir das Leben mit anderen Seniorinnen teilen, die auch selbstbestimmt ihr Alter mit anderen teilen wollen.

So bleibt die Zukunft spannend. Wir müssen uns wieder verändern und offenbleiben – auf Gott hin, aber auch auf die Menschen hin, die mit uns wohnen werden, und für solche, die uns Gott in der Gemeinde und sonst auf dem Weg stellen wird. „ER“ hält uns ja in Bewegung…

Wir haben  heute genauso wie bei den Anfängen einen wichtigen Auftrag in der Welt und eine Aufgabe von der Gründung her: Denn in Deutschland, auch wenn es von außen nicht so auffällt, gibt es wieder viel Armut. Vor allem begegnen wir in den Gemeinden mehr und mehr religiöser und psychischer Not. Es ist wichtig, dass es Ordensleute gibt, die äußerlich und innerlich frei sind, diese Menschen liebevoll und heilend (Jesus Christus ist der Heiland, und er geht mit uns zu den Menschen) zu begleiten und mit ihnen im Glauben unterwegs zu sein. Ordenschristen, die selber beseelt und durchdrungen sind von der frohen Botschaft Jesu Christi und aus der Erfahrung der Liebe Gottes zu den Menschen leben.

Eine Zukunftsvision zeichnet sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr in der Weggemeinschaft mit Laien ab (z.B. viele der spanischen ehemaligen Mitschwestern), die genauso wie wir – beseelt und erfüllt von Gottes Liebe – aus ihrem Glauben leben und das selbst Erfahrene an andere weitergeben.

Wir wissen nicht, wie Gott unsere kleine Gemeinschaft weiterführen will. Wir müssen es auch nicht wissen. Eines ist uns gewiss, SEINE Wege sind gut, und er geht sie alle mit uns. Für alle will er „das Leben in Fülle“. So gehen wir unseren Weg weiter in eine Zukunft, vertrauend, dass sie gut wird, weil ER mit uns ist – wie auch immer es weitergeht. Das erfüllt uns mit Dankbarkeit und gibt uns Mut und Freude weiterzuleben und das „Übergehen in die himmlische Gemeinschaft“ anzunehmen, wenn es so sein soll, weil auch das zum Leben gehört.